Sommer, Sonne, Hitze: Das birgt auch gesundheitliche Risiken. Bei Notfällen im Jerichower Land hilft der Rettungsdienst.

36 Grad und es wird noch heißer“ – so lautete bereits 2007 die besungene „Wetterprognose“ der Band 2raumwohnung. Recht hatten sie. Denn dass selbst hierzulande inzwischen noch deutlich mehr geht, bestätigt der Deutsche Wetterdienst in Potsdam. Sogar über 
40 Grad seien möglich. Ja, auch im Jerichower Land. „Das hat Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unseren Energiespeicher“, weiß Jörg Stumpf, Leiter des Rettungsdienstes, der nicht nur in diesen Fällen schnelle Hilfe gewährt.

IM NOTFALL 112

Damit es, wenn bei einem Notfall die 112 gewählt wird, schnell geht, gibt es im Jerichower Land insgesamt neun Rettungswachen: jeweils zwei in Burg und Genthin, in Hohenseeden, Gommern, Möckern, Möser und Drewitz. „Damit erreicht unser Rettungsdienst das Jerichower Land flächendeckend und wir können – unter normalen Bedingungen – in zwölf Minuten am jeweiligen Einsatzort sein“, so Stumpf. 16.000 bis 18.000 Einsätze fährt der Rettungsdienst, der im Auftrag des Landkreises vom DRK-Regionalverband Magdeburg/Jerichower Land ausgeführt wird, pro Jahr. In der Rettungswache Gommern sind es fünf bis sechs Einsätze täglich. Bei Hitzewellen oft auch mehr. Dafür stehen hier ein Rettungswagen (RTW) und ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) zur Verfügung. 14 Mitarbeitende gewährleisten, dass die Rettungswache rund um die Uhr besetzt ist. Jeweils 24 Stunden lang sind die diensthabenden Rettungssanitäter, Notfallsanitäter sowie ein für den Rettungsdienst zugelassener Notarzt vor Ort in Einsatzbereitschaft.

3 Fragen an Notfallmediziner und Amtsarzt Dr. Henning Preisler
Wer ist bei Hitze besonders gefährdet? Länger anhaltende Hitzeperioden beeinflussen jeden von uns. Der Flüssigkeitsbedarf steigt, Ermüdungserscheinungen können sich schneller einstellen. Von den Witterungsbedingungen besonders belastet sind ältere Menschen über 65, Kranke, Schwangere und Säuglinge. Schützen sollten sich Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenerkrankungen, chronischen Nierenerkrankungen, Asthmatiker, Diabetiker und alle, die mehrere Krankheiten haben.
Welche gesundheitlichen Folgen kann Hitze haben? Vielfältige. Besonders häufig beobachten wir Herz-Kreislauf-Probleme. Statistisch erwiesen ist, dass es in heißen Sommern mehr Herzinfarkte als sonst gibt. Auch, dass die Sterbezahlen steigen. Die Klimakrise insgesamt kann zu veränderten Infektionskrankheiten führen, übertragen etwa durch bestimmte Mücken- und Zeckenarten. Auch die Pollenbelastung hat sich deutlich ausgeweitet.
Was kann und sollte Jede und Jeder selber tun?Es können das Verhalten, die Kleidung und Ernährung angepasst werden. Keine große körperliche Anstrengung in der Mittagshitze, den Kopf bedecken, ausreichend trinken, die pralle Sonne meiden… Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor ist ohnehin ein Muss. In Absprache mit dem Hausarzt eventuell die Dosierung der Medikamente anpassen. Medikamente kühl lagern. Und, ganz wichtig, aufeinander acht geben!

EIN GUTES GEFÜHL

Zum Team in Gommern gehören auch die beiden Notfallsanitäter Thorben Zöller (26) und Patrick Fleischhauer (27), die heute zusammen zum Dienst eingeteilt sind. Warum sie sich für diesen Beruf entschieden haben? „Weil es ein tolles Gefühl ist, wenn man mit seinem Wissen und Können Menschen in einer Notfallsituation helfen kann“, so Zöller. Fleischhauer berichtet, dass er bereits durch sein Mitwirken in der Freiwilligen Feuerwehr Berührungspunkte zum Rettungsdienst gehabt habe. „Meine Ausbildung – erst zum Rettungssanitäter, dann zum Notfallsanitäter – war für mich ein logischer Folgeschritt.“

ALLES DABEI

An einem richtig heißen Sommertag mit über 30 Grad ist immer Vorsicht geboten: „Nicht jeder kann an solchen Tagen nach Belieben in den See springen. Viele müssen arbeiten. Im Büro wird es heiß, auf dem Bau oder der Straße sowieso. Alte Menschen, Kranke, Schwangere und Babys sind ­ohnehin besonders gefährdet“, wissen die beiden Notfallsanitäter und stellen sich dann auf einen einsatzreichen Dienst ein. Der Tag startet um 7.00 Uhr und endet um 7.00 Uhr am nächsten Morgen. „Hier auf der Rettungswache sind wir spätestens um 6.45 Uhr, ziehen uns um und checken die Einsatzfahrzeuge. Das ist wichtig, damit auch wirklich alle Geräte und Materialien intakt und an Bord sind, um lebensbedrohliche Zustände erkennen und therapieren zu können“, erklärt Fleischhauer. Sein Kollege zeigt, welches Equipment das Einsatzfahrzeug unter anderem mitführt und was damit möglich ist: „Wir können beispielsweise ein EKG schreiben, den Blutdruck und die Sauerstoffsättigung im Blut messen, können Sauerstoff geben, Schmerzen lindern, Verletzungen versorgen und notfallmäßig Medikamente verabreichen.“ Vor Einsatzbeginn genau unter die Lupe nehmen die beiden auch den Bestand an Medikamenten. Wenn es richtig heiß wird, müssen unbedingt neue Infusionen mit Elektrolytlösung, die den Flüssigkeitshaushalt von Patienten regulieren, mit an Bord. Auch zusätzliche Kühlpads können nicht schaden und kommen mit.

SCHNELLE HILFE IST UNTERWEGS

Und da meldet sich auch schon der Einsatzfunkmeldeempfänger (kurz Pieper). Über die Leitstelle für Feuerwehr und Rettungsdienst des Landkreises in Burg kommt der erste Hilferuf rein: ein Notfall in Dannigkow. Eine ältere Dame hatte früh Besuch von ihrem Pflegedienst. Da war die Welt noch in Ordnung. Als der Pflegedienst mittags wiederkommt, findet er die Dame benommen am Boden liegend und verständigt die 112. Zügig hat die Leitstelle alle erforderlichen Infos erfasst und nach Gommern weitergeleitet. Dort rücken RTW und NEF gemeinsam aus. „Da auf dem Pieper auch Bewusstlosigkeit steht, begleitet uns der Notarztwagen“, erklären die beiden Notfallsanitäter.

Vor Ort startet das Team mit der Diagnostik. Die Kreislaufwerte der älteren Patientin werden bestimmt. Ihr Blutdruck ist zu niedrig. Zöller kneift der Dame zudem in die Hand. „Wenn die Haut stehen bleibt (das nennt sich stehende Hautfalten ist das ein Zeichen für Flüssigkeitsmangel, sprich die Patientin ist ausgetrocknet.“ Sie bekommt eine Infusion. Der Notarzt entscheidet sich dann für die Einlieferung in die Klinik zur weiteren Diagnose und Betreuung. Der RTW bringt die Patientin ins nächstgelegene Krankenhaus nach Magdeburg.

GEFÄHRDET SIND NICHT NUR DIE ÄLTEREN

Gerade haben sich die beiden Notfallsanitäter wieder einsatzbereit gemeldet, da signalisiert ihr Pieper erneut Handlungsbedarf. Und zwar gleich in der Nähe in Heyrothsberge. Einem jungen Fußballer ist beim Training mit seiner Mannschaft schlecht geworden. „Gerade an den Wochenenden finden dort auch Trainings um die Mittagszeit statt“, erklärt Fleischhauer. „Und wenn es heiß ist, kann die starke körperliche Belastung selbst bei gesunden Menschen Kreislaufprobleme verursachen.“ Auch bei dem 13-Jährigen entscheiden sich die Notfallsanitäter nach Absprache mit den Erziehungsberechtigten fürs Krankenhaus. „Er ist überhitzt, das muss behandelt werden“, erklären sie. Zum Glück komme so ein Fall eher selten vor.

ACHTUNG, SONNE

Inzwischen ist es Nachmittag. Für die beiden Rettungskräfte geht’s als Nächstes an den Kulksee. Nein, (noch) nicht zur eigenen Erfrischung. Hier hat es ein Sonnenanbeter übertrieben. Er wurde bewusstlos am Ufer entdeckt und wird nach der Erstversorgung von den beiden ins Krankenhaus gefahren. „Auch hier gehen wir auf Nummer sicher“, sagen sie. „Denn für uns hat das Wohlergehen des Menschen, der in diesem Moment unsere Hilfe braucht, oberste Priorität. Dafür sind wir top ausgebildet, da sitzt bei uns jeder Handgriff.“ Und wenn sie am Ende der Schicht möglichst vielen Patienten helfen konnten, dann war es auch für die Notfallsanitäter ein guter Tag.

TIPP:

Das DRK veröffentlicht auf ihrer Website Hitzewarnungen und sie geben Tipps, wie sich jeder selbst vor hohen Temperaturen schützen kann.

http://www.drk-mdjl.de