EISBADEN IST REINE KOPFSACHE
Baden im Winter? Freiwillig? Zugegeben, das muss man mögen. Augen zu und durch, sagen die einen. Rein ins Wasser, sich einmal kräftig schütteln und dann ist es schön, schwören die anderen.
Das Jerichower Land ist reich an Gewässern. Die Elbe, der Elbe-Havel-Kanal, der Mittellandkanal, die Ehle, die Nuthe, die Ihle, der Tucheim-Parchener Bach und viele mehr. Dazu kommen etliche Seen und Tümpel, die Lust auf Eintauchen in das erfrischende Nass machen. In den idyllischen Niegripper See bei Burg zum Beispiel. Auch die Elbe ist an einigen Stellen zugänglich. Aber im Winter? „Na klar“, sagen zahlreiche Unerschrockene, die sich selbst dann in die Fluten wagen, wenn dicke Jacken, Mützen, Schals und Handschuhe angesagt sind. Tatsächlich klettert das Thermometer in den heimischen Binnengewässern im Winter selten über drei bis vier Grad Celsius. „Wenn draußen zum Beispiel minus 15 Grad herrschen, ist es im Wasser ganz angenehm“, sagt Holger Löttel, der seit einigen Jahren bei Schnee und Eis badet. Damit gehört er zu den vielen Eisbadern aus der Region – viel mehr, als sich bekennende Warmbader vermutlich vorstellen können.
EGAL WO – HAUPTSACHE GEMEINSAM
Die „Frosty Koalas“ aus Kade zum Beispiel freuen sich schon wieder sehr aufs eiskalte Badevergnügen. „Dabei gemeinsam Spaß zu erleben, das hält die Truppe – selbst in unterschiedlichen Besetzungen – seit Jahren zusammen“, sagt Hartmut Nothe aus Kade, der seit 20 Jahren ambitionierter Eisbader ist. „Wo wir ins Winterwasser eintauchen, ist dabei eigentlich egal. Uns ist wichtig, dass wir es in Gemeinschaft tun“, bestätigt auch Eisbader Uwe Walter, zu Hause in der ans Jerichower Land angrenzenden Altmark. Besonders ausgelassen sei die Stimmung immer dann, wenn es um das winterliche Badevergnügen noch ein tolles Drumherum gibt. Ein Dorffest zum Beispiel. „So wie in Ferchland an der Elbekuhle“, erinnert sich die langjährige Eisbaderin Brigitte Ciechoradeki. Dort habe es schon zu DDR-Zeiten und auch danach unvergessliche Winterbadetreffen gegeben. „Meist mit Volksfest, großem Umzug durch den Ort und Abendprogramm. Übernachtet haben wir damals immer in der dortigen Jugendherberge“, erzählt die 71-Jährige.
Obgleich die Glanzzeiten des Ferchländer Feuerlöschteiches als Mekka der heimischen Eisbader inzwischen vorbei sind, halten die „Frosty Koalas“ dem Gewässer am Neujahrstag gemeinsam mit den Triathleten des Dorfes bis heute die Treue. Ihr neues Stammgewässer haben sie mittlerweile am Alten Kanal in Dunkelforth gefunden. Hier steigen sie sonntags gemeinsam ins kalte Wasser. Wer Lust und Laune hat, komme gern dazu, laden sie ein! Und ansonsten heißt es: Wenn irgendwo ein Event mit Eisbaden ansteht, werden die Badesachen gepackt und los geht’s. Um Gleichgesinnten zu begegnen, gemeinsam zu baden und das Miteinander zu genießen. Es sei dieses Gesamtpaket, das Winterbaden ausmache – da sind sich die Eisbader einig. So war auch für die „Frosty Koalas“ der große Eisbadetreff in Arendsee am 20. Januar 2024 quasi ein Pflichttermin. „Da haben die eisbadenden ,Saunis vom Arendsee‘ zu ihrem 20. Jubiläum eingeladen“, sagt Hartmut Nothe. „Bin sehr gespannt, ob wir in dieser Saison mal wieder sägen und hacken dürfen“, ergänzt Uwe Walter lachend, der sich an die Winter erinnert, als die Seen hier in der Region noch tief zugefroren waren und erst ein Loch ins Eis gesägt werden musste.
EINFACH WEITER BADEN!
Aber wie findet man überhaupt den Mut, wie überwindet man den inneren Schweinehund und steigt bei eisigen Temperaturen ins Wasser? „Einfach weiter baden“, rät Uwe Walter. Auch wenn der Sommer längst vorbei ist. Denn: Winterbaden ist reine Kopfsache. „Du musst dir im Kopf klarmachen, dass du jetzt da rein gehst.“ Das sei wie bei einem Marathon. „Wenn du ihn nicht wirklich laufen willst, wirst du ihn auch nicht laufen. Du musst es wollen.“ Und das Gefühl danach? „Ein extremer Adrenalinschub“, bestätigt Walter. „Du kommst aus dem Wasser, bist am ganzen Körper rot und voller Glücksgefühle. Und ja, du bist auch stolz auf dich, dass eigene Grenzen überwunden wurden.“
GANZ OHNE FROSTBEULEN
Der erfahrene Eisbader empfiehlt zuvor eine kleine Aufwärmgymnastik. „In der Gruppe, mit Musik oder selber Singen – egal wie, Hauptsache mit Elan.“ Dann zwei bis drei Minuten im Wasser bleiben, schwimmen, planschen nach Lust und Laune. Danach raus und gleich wieder rein. „Das mache ich zwei bis drei Mal und friere ganz sicher nicht“, sagt er. Draußen schnell und gut abtrocknen, warm anziehen und einen Glühwein oder Kakao trinken – perfekt. Und er hat noch diesen Tipp: „Bei eiskaltem Wasser ist es wichtig, dass man schnell untertauchen kann und nicht erst weit ins Wasser reinlaufen muss.“ Wer die Möglichkeit hat: „Ohne Kleidung ist Eisbaden angenehmer, nasse Sachen am Körper fühlen sich unangenehm an.“ Pudelmützen hingegen sind ein Muss, um den Kopf warmzuhalten. Und wer den Gang ins kalte Wasser mit einer heißen Sauna verbinden kann – noch besser!
Frosty-Koalas aus Kade