STICHWORT KLIMAWANDEL. DIE SOMMER WERDEN IMMER WÄRMER UND TROCKENER. WIE ERLEBEN SIE DIE (WASSER-)SITUATION IM JERICHOWER LAND?
Immer angespannter. Mehr noch, da im mitteldeutschen Raum und somit auch bei uns im Landkreis die wenigsten Niederschläge deutschlandweit fallen. Das Jerichower Land gehört zu den trockensten Regionen Sachsen-Anhalts. Damit ist und bleibt auch Dürre ein Thema, begleitet von mehr Sonnenstunden und hohen Temperaturen. Im Jahresmittel liegen wir inzwischen bei 65 bis 75 Sommertagen (Tage, an denen die Temperatur auf mindestens
25 Grad Celsius klettert). Im Referenzzeitraum von 1971 bis 2000 waren es 35 bis 40 Sommertage. So weist es der Klimaatlas des Deutschen Wetterdienstes (DWD) für unsere Region aus. Zudem hat die Sonne deutlich an Intensität gewonnen. Sie lässt viel Wasser verdunsten; auch deutlich mehr Wind sorgt dafür, dass immer weniger Wasser im Boden ankommt beziehungsweise wird es dem Boden gleich wieder entzogen. Zusätzlich sind große Bereiche in der Region durch sandige Böden geprägt, die eine schlechte Wasserspeicherfähigkeit aufweisen.
WAS BEDEUTET DAS FÜR DEN NATÜRLICHEN WASSERHAUSHALT?
Dass sich nicht genug Grundwasser neu bilden kann. Auch, dass die Pegel in unseren Seen und Flüssen absinken. Dabei müssen wir uns immer vor Augen halten, dass Wasser unsere wichtigste Lebensgrundlage ist. Aus dem Grundwasser wird unser Trinkwasser gewonnen; Grundwasser speist unsere Flüsse. Unser Trinkwasser aus dem Landkreis stammt beispielsweise zu 100 Prozent aus Grundwasser. Für die Oberflächengewässer gilt: Wenn durch Verdunstung und zu wenig Nachschub von unten die Wassertiefe abnimmt, erwärmen sich die Gewässer schneller. Das kann zu einer vermehrten Algenblüte führen, die wiederum den Sauerstoffgehalt der Gewässer reduziert. Eine Konsequenz daraus ist zum Beispiel das Fischsterben.
WIE ERNST IST DIE LAGE?
Der Grundwasserstand im Jerichower Land ist weiter gesunken, an manchen Stellen bis zu einem Meter. So belegen es die Auswertungen des DWD wie auch die hydrologischen (Bewegung und Verteilung des Wassers auf der Erde) Monatsauswertungen
unseres gewässerkundlichen Landesdienstes. Das ist richtig viel! In den vergangenen vier Jahren haben wir an zahlreichen Messstellen des Landkreises die bisher niedrigsten aufgezeichneten Wasserstände dokumentiert. Und das, obgleich etwa in diesem Jahr hier bei uns bereits viel Regen fiel. Gefühlt könnte man denken, dass sich die Lage damit entspannt hat. Aber dem ist nicht so. Zumal es auch zeitig im Jahr schon sehr warm war. Die 20-Grad-Marke haben wir 2024 bereits im April geknackt.
BESTEHT DIE GEFAHR, DASS DAS TRINKWASSER IM JERICHOWER LAND KNAPP WIRD?
Nein, nach derzeitigem Kenntnisstand zum Glück nicht. Wir stehen dazu im engen Austausch mit den Trinkwasserversorgern für das Jerichower Land: die Trinkwasserversorgung Magdeburg (TWM) sowie der Trink- und Abwasserverband Genthin (TAV). Beide haben uns keinerlei Probleme gemeldet und auch nicht prognostiziert. Gut zu wissen ist, dass die Trinkwasserversorgung in Deutschland oberste Priorität genießt. Das ist sowohl im Grundgesetz als auch im Wassergesetz festgeschrieben und danach wird gehandelt.
WIE WICHTIG IST ES, GERADE BEI HITZE WASSER ZU SPAREN?
Wasser ist das am meisten zu schützende Gut, ohne Wasser können wir nun mal nicht leben. Da die natürlichen Ressourcen nicht uneingeschränkt zur Verfügung stehen, müssen wir vernünftig damit umgehen. Gerade bei Hitze, wenn der Wasserverbrauch steigt. Und dazu ist jede und jeder von uns angehalten. Egal ob es um Grundwasser oder Oberflächenwasser geht. Zum Beispiel der häusliche Gemüsegarten: Klar will der gut bewässert werden. Soll er auch, aber bitte nicht in der prallen Mittagssonne, wenn das wertvolle Nass schnell verdunstet und die Pflanze zudem verbrennen kann. Oder dieses Beispiel: Ein akkurater immergrüner Rasen trotz wochenlanger Hitze sieht zwar schön aus, seine Pflege geht aber auch auf Kosten unserer Wasserressourcen.
WAS KANN UND SOLLTE JEDER SELBST TUN?
Vor allem in heißen und trockenen Sommern sollten wir noch bewusster mit Wasser umgehen und versuchen, den Verbrauch zu reduzieren. Dazu gehören zum Beispiel das Bewässern in den Morgen- und Abendstunden, das Gießen mit gesammeltem Regenwasser genauso wie Duschen statt Baden oder Geschirrspüler und Waschmaschine nur vollbeladen laufen zu lassen.
SIND DAS NICHT BINSENWEISHEITEN?
Sollte man meinen, aber leider werden sie noch nicht konsequent gelebt.
MUSS DIESEN SOMMER MIT WASSERSPARMASSNAHMEN GERECHNET WERDEN?
Das kann ich nicht ausschließen. Zumal leider nicht jeder das gerade beschriebene Bewusstsein hat, seinen Wasserverbrauch anzupassen, und wir unser Lebensmittel Nummer eins garantieren müssen. Viele erinnern sich sicher, dass wir bereits in den Vorjahren zu Restriktionen gezwungen waren. 2019 und 2020 haben wir als Landkreis die Entnahme aus den Oberflächengewässern verboten, 2022 und 2023 mussten wir zusätzlich die Zeiten einschränken, in denen mit Grundwasser beregnet werden durfte. Auch die Entnahme aus Oberflächengewässern war eingeschränkt. Wichtig ist, dass wir uns, bevor wir eine solche Entscheidung treffen, genau die Daten aus den Messungen anschauen, und nur dann eingreifen, wenn die Ressource Wasser nicht anders zu schützen ist.
DER LANDKREIS HAT EINEN STAUBEIRAT INITIIERT – MIT WELCHEM ZIEL?
Unser erster Staubeirat entstand 2023 für das Einzugsgebiet des Unterhaltungsverbandes Stremme/Fiener Bruch. Hier gibt es neben dem Lebensraum der Trappen das Niedermoor – eine echte Besonderheit im Landkreis. Das Gebiet hat für uns also sowohl wasserwirtschaftlich als auch aus naturschutzrechtlicher Sicht eine hohe Bedeutung. Und dabei kommen verschiedene Komponenten zusammen: Das Moor braucht Wasser. Die Trappe mag keine nassen Füße. Die Landwirte wollen ihre Flächen bewirtschaften. Unser Ziel ist es, den dortigen Wasserhaushalt so zu steuern, dass der Moorstandort erhalten bleibt und alle Akteure gut leben können. Dazu haben wir die Naturschutz- und die Wasserbehörde, den Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft, den Unterhaltungsverband, den Bauernverband, die Vertreter der Landwirtschaft als Bewirtschafter der Flächen, den Förderverein Trappenschutz und den NABU an einen Tisch geholt und bauen jetzt gemeinsam ein regionales Staumanagement auf, das alle Belange berücksichtigt.